EWCA-Konferenz 2022 (6. Juli bis 8. Juli 2022)
Post-Conference Round Up
Die Konferenz der European Writing Centers Association 2022 wurde vom Schreibzentrum der Universität Graz (Österreich) ausgerichtet und stand unter dem Motto „Writing Centers as Spaces of Empowerment“. Wie die Gastgeberin der Konferenz, Doris Pany-Habsa (Graz), im Call for Papers betonte, „wird Hochschulbildung weithin als Versprechen von Empowerment wahrgenommen“. Die Romantik der Arbeit in Schreibzentren besteht sicherlich darin, dass wir die Kompetenz und damit die Teilnahme nicht nur am akademischen Diskurs, sondern auch an den umfassenderen Gesprächen im Rahmen des demokratischen Prozesses fördern, welche Auswirkungen darauf haben, wie wir uns selbst verwalten, wie wir von anderen geleitet werden und inwieweit wir Zugang zu denen haben, die bestimmen. Wir bemühen uns, diejenigen, die zu uns kommen, dabei zu helfen, bessere Autor*innen zu werden. In dem akademischen Kontext bedeutet dies, besser informierte, kritische Denker*innen, kurz gesagt, gute Wissenschaftler*innen zu sein. Das bedeutet, ehrlich, vertrauenswürdig, fair/ausgewogen und respektvoll, mit gutem Beispiel vorangehend, verantwortungsbewusst die Standards aufrechterhaltend, die für die Aufrechterhaltung der eigenen Integrität als Bürger*innen und Wissenschaftler*innen und für die Aufrechterhaltung der Integrität der Institutionen, als deren Mitglied wir uns betrachten, notwendig sind, zu sein.
Es herrschte Einigkeit darüber, dass die Konferenz ein großer Erfolg war und wahrscheinlich die Erwartungen aller übertroffen hat, da sich die Ereignisse in letzter Minute zuspitzten und aus der lang erwarteten Live-Konferenz etwas wurde, das viele verständlicherweise als eine weitere gefürchtete Online-Konferenz empfanden. Unendlicher Dank geht an Doris' Konferenz-Organisationskomitee: Lisa Wurzinger, Franziska Gürtl und Lukas Georg Hartleb, sowie den weniger sichtbaren, aber nicht minder fleißigen Sigrid Schneck und Katharina Deman. Die Konferenz verlief so reibungslos, dass man leicht vergessen konnte, dass sie vollständig online stattfand. Es war eine wunderbare Erfahrung. Die Idee, am Ende des Tages eine Online-Networking-App zu nutzen, war nur noch das Sahnehäubchen auf einem ohnehin schon reichhaltigen, zufriedenstellenden Kuchen.
Die tadellose Durchführung machte die Qualität der Inhalte nur noch deutlicher. Drei Tage lang ging es in 3 Hauptvorträgen, 38 Präsentationen, 5 Workshops, 6 Rundtischgesprächen, 3 Networking-Sitzungen und einer Reihe von Pecha Kuchas und Postern um die Stärkung von Studierenden, Tutor*innen, Fachexpert*innen, Schreibzentrumsleiter*innen, Schreibzentren selbst und sogar um die Stärkung von Schreibzentrumsleiter*innen im Ruhestand. All diese Veranstaltungen wurden von 165 internationalen Teilnehmer*innen, darunter 48 Student*innen, besucht und getragen. Die vielen Ansätze und Strategien für das Erreichen von Empowerment, die in diesen verschiedenen Formen des Engagements vorgestellt wurden, sind ein Zeichen für die Richtigkeit der kategorischen Aufschlüsselung von Brad Hughes in seiner Keynote-Präsentation über das Fachwissen und das Engagement von Schreibzentren, auf denen diese aufbauen. Zu den Ansätzen und Strategien für Empowerment gehörten akademische Literacy-Ansätze, andere linguistische Ansätze, Genre-Analysen, soziale Strategien wie Schreibgruppen und Retreats, kollaboratives Schreiben, kontrastive Sprachstrategien, translinguale Ansätze, „Small-Teaching“- und „Working-Alliance“-Ansätze sowie die Anwendung der Actor-Network-Theorie und „Schreiben als Befreiung“. Ebenso beeindruckend und erbaulich war die Zahl der behandelten Randgruppen: internationale Studierende, andere Sprachschüler*innen, gefährdete Studierende, Studienanfänger*innen/ Übergangsstudierende, mehrsprachige Studierende und neuro-diverse Studierende. Sowohl die Stärkung durch die Auseinandersetzung mit der emotionalen Arbeit des Schreibens, ein oft vernachlässigter Bereich, Schreibzentren, die von Tutor*innen geleitetet werden also auch Writing Across the Curriculum (WAC) und Peer-Assisted-Learning-Programme als Mittel zur Stärkung sowohl von Fachleuten als auch von Studierenden wurden angesporchen. Schließlich wurde die Frage der Aufrechterhaltung der pädagogischen Integrität, insbesondere angesichts der Korporatisierung der Hochschulbildung, und Brad Hughes' Vortrag über „Konnektivismus“ zur Stärkung der Schreibzentren selbst angesprochen. Neben dieser Vielfalt an Perspektiven zur Befähigung, beschäftigte sich die Konferenz auch mit der Zukunft der EWCA selbst.
Auf der Generalversammlung diskutierten die EWCA-Mitglieder ihre Ziele für die kommenden Jahre und wählten einen neuen Vorstand für den Zeitraum 2022-2024.
Wir hoffen, dass diejenigen, die Brads Vortrag gehört haben, über seine ethische Haltung zu Schreibzentren nachdenken werden, wenn wir uns von den Erfahrungen der EWCA-Konferenz 2022 auf die nächste Konferenz 2024 zubewegen: dass Schreibzentren pädagogische Werkstätten sein sollten, die ständig experimentieren, ungeprüfte Annahmen in Frage stellen, sich an neue Kontexte für das Schreiben und den Schreibunterricht anpassen und viel „epistemisches Überschreiten“ betreiben.
Geschrieben von Lawrence Cleary, Franziska Gürtl und Lukas Georg Hartleb im Namen des Organisationskomitees der Konferenz
Vollständiges Konferenzprogramm
Abstract
Obwohl in der Literatur immer mehr Vorteile von Schreibklausuren beschrieben werden, wie z. B. die Steigerung der Motivation, die Verbesserung der Selbstwirksamkeit und die Erhöhung der Publikationsleistung, sind die individuellen Auswirkungen auf die Teilnehmer*innen noch nicht umfassend erforscht worden. Da Schreibklausuren an Universitäten in erster Linie auf der Ebene der Doktorand*innen eingesetzt werden, hat sich die bisherige Forschung eher auf erfahrene Autor*innen als auf Schreibanfänger*innen konzentriert. Zudem ist der theoretische Rahmen bisheriger Studien zu den Auswirkungen von Schreibklausuren noch eher vage oder ausschließlich kompetenzorientiert. In der vorliegenden Studie wurde der wahrgenommene Nutzen von regelmäßig angebotenen Schreibklausuren an der Universität Klagenfurt für Studierende aller Studienstufen im Rahmen des mehrstufigen Konzepts des psychologischen Empowerments von Zimmerman (1995) untersucht. Wir betrachten Schreibklausuren als Orte des Empowerments, an denen Studierende die Möglichkeit haben, ihren Schreibprozess zu gestalten und mehr Zugang zu und Kontrolle über ihre individuellen Schreibstrategien zu erlangen. Um nach den individuellen Empowerment-Ergebnissen zu fragen, basiert diese Studie auf einer quantitativen Online-Befragung (n=60) und auf qualitativen halbstrukturierten Interviews (n=12) mit Studierenden, die an mindestens einer strukturierten Schreibklausur an der Universität Klagenfurt (on-campus oder online) teilgenommen haben. Das auffälligste Ergebnis der Daten ist, dass alle Studierenden bis auf einen ihr Schreibprojekt während der Schreibklausur deutlich vorangebracht haben. Darüber hinaus empfanden die Teilnehmer*innen sowohl die Motivation in der Gruppe als auch den Wechsel von einer bisher bekannten unstrukturierten "Schreibzeit" zu einer festen Arbeits- und Pausenzeit als sehr förderlich. Der institutionelle Rahmen von Zeit und Raum hat die Studierenden vor allem darin bestärkt, sich für ihr Schreibprojekt zu engagieren, ihr Zeitmanagement und ihre Planungsstrategien zu reflektieren und ihre Selbstfürsorgestrategien zu verbessern. Insgesamt bestärkt diese Studie die Idee, dass Schreibklausuren Studierende aller Studienstufen befähigen können, das Schreiben als eine überschaubare Aufgabe zu erleben.
Abstract
Das gemeinsame Schreiben von Texten ist eine weit verbreitete Aufgabe in der Hochschulbildung. Wenn sich Studierende mit kollaborativen Schreibaufgaben befassen, stoßen sie auf spezifische Herausforderungen, die über die Fallstricke des individuellen Schreibens hinausgehen. Diese Schwierigkeiten werden in interdisziplinären und heterogenen Forschungsbereichen diskutiert. In neueren Beiträgen wurde quantitativ analysiert, wie das kollaborative Schreiben den Studierenden helfen kann, ihre Schreibfähigkeiten und die Qualität ihrer schriftlichen Arbeit zu verbessern, und zwar aus einer Empowerment-Perspektive. Wie Studierende kollaborative Schreibprozesse subjektiv wahrnehmen, wurde jedoch bisher nicht systematisch untersucht, wenn man von der Literatur zu Englisch als Zweitsprache absieht. In einem laufenden Forschungsprojekt untersuchen wir, welchen Herausforderungen sich Studierende in kollaborativen Schreibsettings gegenübersehen, welche Arbeitspraktiken sie in diesen Prozessen anwenden und welche möglichen Lösungen sich aus ihren Erfahrungen ableiten lassen. Um diese Forschungsfragen zu beantworten, haben wir eine qualitative empirische Studie durchgeführt, die die Perspektive der Studierenden in den Mittelpunkt stellt.
In unserer Präsentation werden wir uns auf die Erfahrungen der Studierenden mit kollaborativen Schreibprozessen und die wahrgenommenen Herausforderungen im Zusammenhang mit kollaborativem Schreiben konzentrieren. Wir werden einige dieser Herausforderungen im Detail erörtern und darlegen, wie sie mit der Arbeitsweise der Studierenden, den Anforderungen der Klasse und der Rolle der Professor*innen als Moderator*innen zusammenhängen. Besonderes Augenmerk wird auf die komplexen Koordinationsprozesse gelegt, die die Studierenden im Verlauf ihrer Schreibprojekte durchlaufen: So müssen die Studierenden beispielsweise konkrete Schreib- und Rechercheaufgaben innerhalb der Gruppe verteilen; zudem müssen sie ihre individuellen Vorstellungen über das Schreibprodukt und die Organisation des Schreibprozesses zusammenführen. In ausführlichen Diskussionen verbalisieren die Studierenden individuelle Schreibpraktiken und -präferenzen, die normalerweise implizit bleiben. Wir argumentieren, dass diese Aushandlungsprozesse die Studierenden in die Lage versetzen, als akademische Schreiber*innen zu wachsen. Abschließend werden wir erörtern, wie didaktische Szenarien mit kollaborativen Schreibaufgaben die Studierenden befähigen können, die Qualität ihrer schriftlichen Arbeit weiterzuentwickeln und ihre Schreibfähigkeiten zu verfeinern.